Dienstag, 3. November 2015

Vegane Studien

 Tierversuche mit doppelter Katze: "Ich bin weder Fisch noch Fleisch ... noch Rübe."

„Glaube keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast“, lautet ein bekanntes
Sprichwort. Denn: Sollte man wirklich alles glauben, was derzeit über alternative
Ernährungsformen geschrieben wird? Ich habe nachgeforscht.

Seit einiger Zeit fühle ich mich wie ein Sandwichkind. Ich bin weder Fisch noch Fleisch ... noch Rübe. Früher galt meine Ernährungsweise schlicht als Marotte. Eine Phase, die sicher bald vorbeigehen würde. Traf ich einen anderen Vegetarier, was selten vorkam, fühlten wir uns wie verbündete Exoten. Verschwörerisch tuschelten wir dann abseits der anderen über die Entdeckung der Tofuwurst.
    Vorbei. Diese Welt kennt nur noch Veganer oder Fleischesser. Entweder-oder. Böse oder gut. Und keiner von beiden lässt mich noch mitspielen: Werfen mir Veganer fehlende Konsequenz vor, verdächtigen mich Fleischesser insgeheim, doch militant zu sein. Das Leben ist verdammt komplex geworden.

Ernährung ist in Mode

So komplex, dass „Keine-Tiere-Essen“ auch längst nicht mehr ausschließlich durch Tierliebe begründet werden kann. Sie ahnen, worauf das hinaus-läuft? Genau: Pflanzenfresser leben länger. Das belegen inzwischen so an die vier- bis fünftausend Studien. Dabei lässt sich Langlebigkeit genauso für Dünne, Dicke, Glückliche, Gelassene, Läufer, Golfer, Tierbesitzer, Asiaten oder Marsbewohner prognostizieren. Denn: Wo immer eine Zielgruppe ist – irgendwer murkst schon eine Statistik zusammen.
    Noch viel aufregender finden wir Statistiken, wenn Sie dann auch noch ordentlich unter die Gürtellinie zielen: „Immer mehr Menschen leben vegan oder vegetarisch. Eine Studie hat jetzt herausgefunden, woran es liegen könnte: Veganer haben einfach besseren Sex“. Uff. Doch genau so las ich es im Nachrichtenmagazin Focus. Wie darf man sich diesen Vorgang also vorstellen? Besagte Leute wussten bereits im Vorfeld dieser Studie – die das „vegane Besser-Sex-Haben“ ja erst belegt – dass sie nach der Ernährungsumstellung besseren Sex haben werden? Was für ein Hirnsalat.
    Doch damit nicht genug. Denn besagte vegane Sex-Studie verkündet auch: „Nutrition is the new Fashion“ (Ernährung ist die neue Mode). Und „Fashion“ ist dann im Umkehrschluss was? Sex? Frauen mit Schuhtick haben es immer gesagt.

Hinter jedem Trend steckt ein Konzern

Die Welt der Ernährung ist bekanntlich voller Mythen. Hartnäckig hält sich ja auch das Gerücht, Fleischersatzprodukte seien ausnahmslos ethisch einwandfrei. Auch hierzu gibt es natürlich eine Studie, diesmal aufschlussreich und leicht überprüfbar. Sie besagt, dass hinter zahlreichen „Fleischersatzprodukt-Marken“ in Wahrheit milliardenschwere Fleischkonzerne stecken. Glauben Sie nicht? Googeln Sie doch mal das Veggie-Produkt „Garden Gourmet“ – Sie stoßen früher oder später auf den größten und ethisch umstrittensten Lebensmittelproduzenten der Welt: Nestlé. Oder Sie suchen „Vegetaris“ – und finden: Die Sieber Gesellschaft für Wurst- und Schinkenspezialitäten mbH.
Vielleicht lebt der junge Trend-Veganer also länger. Oder er hat mehr Freude an der Fortpflanzung. Gegebenenfalls investiert er aber auch intensiv und ohne es zu wissen genau in das, was er verhindern möchte: Tierschlachtung im großen Stil.
    Das Leben ist eben verdammt komplex geworden.

Dienstag, 30. Juni 2015

Dafür, dagegen zu sein?

Die Welt ist schwarz und weiß: Was gesund ist, schmeckt nicht, und was moralisch
wertvoll ist, ist auch gesund. „Wirklich?“. Ich wage hier mal den Schritt in die gedankliche Grauzone.

  "Dagegen sein" ist für viele Menschen eine Grundeinstellung. Erstaunlicherweise tangiert diese Haltung besonders die Dinge, die diese Menschen nie probiert haben. „Grundlos gute Laune haben“, zum Beispiel. Am häufigsten begegnet einem dieses Phänomen, wenn es ums Essen geht. Geschmäcker sind verschieden, logisch.

Müsli aus Wurst

  Neulich in der S-Bahn wurde ich Zeugin eines Gesprächs zwischen zwei Zwanzigjährigen: „Und dann legt Sie DAS auf den Grill und sagt DAS ist vegan!“, Ekel breitet sich auf dem frisch geschminkten Gesicht aus, als ginge es um Fußpilz im Salat. „Und ich so: DAS kann ja gar nicht schmecken!“, dabei durchfährt ihre Stimmhöhe eine Achterbahn. Gänsehaut. Ich werfe ihr einen Blick zu, tödlich wie ein Bolzenschussgerät. Was hat dieses Mädel wohl zum Frühstück gegessen? Müsli aus Wurst? Stullen aus Fleisch? Hähnchenflügel mit Nutella? Wenn tatsächlich alles Vegane grässlich schmeckte – wer wäre dann für den deutschen 80 kg-per-Kopf-Verbrauch an Brot verantwortlich? Wer äße jährlich die rund 8 kg Nudeln? Ein Mysterium.

Fleischfreie Fleischprodukte

 Doch auch tatsächliche „Fleischersatzprodukte“ verdienen diesen schlechten Ruf nicht, wie ich nun durch die ZDF-Sendung „WISO“ erfahren habe: 50 Passanten sollten eine vegetarische und eine nicht vegetarische Scheibe Mortadella blindverkosten. Das überraschende Ergebnis: 27 Probanden schmeckte die Veggie-Wurst besser. Und: Kaum jemand hat erkannt, dass eine der Würste überhaupt kein Fleisch enthielt.
    Glücklicherweise sind nur wenige Menschen derartig lang in ihrer postpubertären Phase gefangen, wie das S-Bahn fahrende Mädchen. Deshalb avancierten „fleischfreie Fleischprodukte“ – welch Oxymoron – in den letzten Jahren zu einem wahren Kassenschlager. Von 30 Prozent mehr Umsatz ist heute die Rede. Ausgerechnet ein großer Wursthersteller, der mit der Mühle im Markenzeichen, hat die Zeichen der Zeit erkannt und fährt aktuell große Erfolge mit Veggie-Schnitzel und Co ein.

„Foodie“ trifft „Selfie“ 

 Zum Zeitgeist gehört es für Trend-Esser auch, jede halbwegs ansehnlich frittierte Runkelrübe auf Instagram oder Facebook als „Foodie“, also ein Essens-Foto, hochzuladen. Natürlich nur in Kombination mit einem „Selfie“, das die hervorragende Auswirkung dieses „Super-Foods“ auf den eigenen „Super-Body“ belegt. So wirbt „LaurenCocoXO“ im sozialen Netzwerk halbnackt in einem selbstgedrehten Video für das Mühlen-Veggie-Schnitzel. 593 Worte pro Minute plappernd, akustisch untermalt von schrillen Techno-Beats erklärt sie, wie man das Panier-Brät zubereitet. Wohlbemerkt: ein Fertigprodukt.
    Nur: Sind „Fleischersatzprodukte“ auch wirklich so gut für den Körper? „WISO“ hat auch hier den Test gemacht: Palmfett, Verdickungsmittel, Aromen und bis zu 7 Zusatzstoffe finden sich in den meisten vegetarischen oder veganen Wurst-, Schnitzel- und Frikadellenprodukten. Gesund klingt anders.

Neugierde, eine Zierde 

Auch „neugierig sein“ ist für viele Menschen eine Grundeinstellung. Glücklicherweise tangiert diese Haltung besonders die Dinge, die diese Menschen nie probiert haben. Denn nur deshalb wissen wir: „Vegan“ kann gar nicht grundsätzlich eklig sein. Aber eben auch genauso wenig grundsätzlich gesund.

 


Mittwoch, 22. April 2015

Du bist, was du isst

Man sollte meinen, dass die Art und Weise sich zu ernähren ausschließlich den Inhalt
des eigenen Kühlschranks beeinflusst. Tut es aber nicht. Individuelle Ernährung ist ein Lifestyle geworden. Über den kruden Krieg zwischen Veggies und Fleischessern.

Kürzlich erhielt ich eine Einladung zum veganen Laufen. Richtig, veganes Laufen. Prompt bemühte sich mein Hirn mir das passende Bild in die hohle Stirn zu werfen. Error, Auftrag abgebrochen, Fehlermeldung 404! Eine Ansammlung tierfreundlicher Ernährungsregeln und eine Form der Fortbewegung – wie genau kann das auf eine einzige Tätigkeit reduziert werden? Die graue Masse hat keine Idee, Grübelersatz Google auch nicht. Was sagt denn der Initiator besagter veganer Laufgruppe selbst dazu? „Wenn man sich vegan ernährt, kommt automatisch eine im Vergleich zu vorher gesteigerte Leistungsfähigkeit und der Wille, lange gesund zu leben. Man möchte einfach noch mehr mit sich ins Reine kommen, körperlich und mental.“ So kommt der Veganer offenbar zwangsläufig irgendwann zum Laufen. Puh.
    Automatisch leistungsfähiger, gesünder und reiner – ausschließlich durch vegane Ernährung? Und dem Porschefahrer verleiht sein Gefährt Macht, Reichtum und Potenz. Seht ihr: Totaler Murks.

Vegane Parallelwelt

„Neben dem Geschlechtstrieb bestimmt kein Bedürfnis das Handeln der Menschen so sehr wie die Sehnsucht nach moralischer Überlegenheit“. Ein Satz Franz Werfels von zeitloser Wahrheit. Denn: Ist es nicht ein Phänomen, dass die Sehnsucht nach Abgrenzung gegenüber anderen häufig zu einer Art alle Lebensbereiche durchdringender Über-Identifikation mit dem eigenen Lieblingsthema führt? Soll heißen: Plötzlich fährt man vegan Mountainbike, philosophiert vegan über Poesie und verliebt sich selbstverständlich auch vegan auf vegan-rohköstlichen Singlepartys.
    Aber halt, halt, halt! Nicht dass hier der Eindruck entsteht, ich würde ausschließlich auf Fleischvermeidern rumhacken. In Ostfriesland gibt es andersherum eine Gemeinschaft mit dem klingenden Namen: „Der Club der bekennenden Fleisch- und Wurstesser“. Das Distinktionsmerkmal jedes Clubmitglieds? Eine weiße Krawatte mit putzigen bunten Wurstbildchen darauf. Wem das bloße Binder-Bekenntnis zum toten Tier nicht reicht, der schreibt Wutbücher gegen die bloße Existenz von Vegetariern und Veganern. So wie die Herren, die im Hirzel Verlag die selbsternannte „Kampfschrift“ „Don’t go Veggie“ veröffentlicht haben. Veganismus und Vegetarismus wird hier, ganz klar, als Symptom einer autoaggressiv motivierten Essstörung entlarvt. Mehr braucht man dazu nicht sagen.

Krieg der „Individualisten“

Und weil auch das ZDF erkannt hat, dass dieser Krieg der „Individualisten“ so lustig ist, sollten Vegetarier und Fleischesser als Gladiatoren in der TV-Arena gegeneinander antreten. „Vegetarier gegen Fleischesser – das Duell“, war im Frühjahr 2014 zur Primetime geplant und groß angekündigt. Doch dann der Schock: Die Show musste im letzten Moment einer Doku über einen Flugzeugabsturz weichen. Skandal! Schnell wurde in den sozialen Medien die Fleischlobby als virtuelle Sau durchs Netz-Dorf getrieben. Klar, denn die Fleischverzehrer können das Duell ja nur verloren haben. Oder?
    Als die Sendung im Herbst endlich doch ausgestrahlt wird, ist das Ergebnis ernüchternd: Keine Seite hat eindeutig gewonnen. Im Gegenteil: Am Ende sitzen „die Gegner“ gemeinsam an einem Tisch und jeder isst, was ihm schmeckt. So ist das eben mit der Realität – sie ist oft etwas langweilig.
Denn die bittere Wahrheit ist: Vegan macht nicht schön, nicht stark und auch nicht seelenreiner.
    Fleisch essen aber auch nicht.

 

Dienstag, 17. Februar 2015

Lügenwurstpresse!

Die Medien sprechen von "Trend", als wäre Vegetarisch-Leben ein neues Strumpfhosenmuster. Was für ein Murks, finde ich.

Trend ist ein schmutziges Wort. Warum? Ein Trend ist schnelllebig, launisch, oberflächlich und arrogant. Er grenzt alle aus, die nicht auf seiner Welle surfen. Der Trend ist die Paris Hilton der Soziologie.
Deshalb mag ich auch keine Menschen, die ein und die selben Dinge jetzt „megakrass“ und später „superuncool“ finden. Heute „Achtsamkeit“, morgen „Exzess“, eklig sowas. Wobei, wenn man ehrlich ist – ganz kann man sich da selbst wohl nie von ausnehmen. Aber man muss es ja nicht gleich so übertreiben.

Systemsülzmedien

„Immer mehr Menschen verzichten auf Fleisch und essen vegetarisch oder gar vegan. Der Trend hat auch die Grüne Woche in Berlin erreicht“, so stand es doch tatsächlich neulich in unserer Regionalzeitung, um nur eine der vielen Berichterstattungen zum Thema zu nennen. Jaja, die bösen Medien. Und wer muss es dann wieder ausbaden? Ich arme Veggie-Wurst. Ständig werde ich nun gefragt: „Du machst also auch mit ... bei diesem Trend?“ Grrrrr.
Haben Sie schon mal einen Gothik-Anhänger gebeten, heute einfach mal pink zu tragen? Einen Hells Angel, ob er statt in die Kneipe mit ins Ballett wolle? Oder einen Punk, ob er morgen mal wieder Lust habe ins Büro zu gehen? Sehen Sie!
Ich habe „das Gegenteil von Trend“ gegoogelt. Weitgehend ergebnislos. Am ehesten lässt es sich wohl mit „Nachhaltigkeit“ oder „Zeitlosigkeit“ beschreiben. Demnach wurde ich nachhaltig vegetarisch geboren. Als Lebenseinstellung, nicht als Trend. Als ich ein Kind war, gab es im Supermarkt keine Veggie-Nuggets, keine Seitan-Schnitzel, keine Extra-Tofuwurst. Und niemand hat mich verdächtigt ein Trend-Veggie zu sein. So ist das im Leben: Alles hat Vor-und Nachteile.

Fleisch, die Droge der Zukunft?

Kennen Sie die Rügenwalder Mühle? Dazugehöriger Spot und Jingle haben mir Zeit meines Lebens Wohlbehagen bereitet: „Feierabend, wie das duftet! Kräftig, deftig, würzig, gut!“ Dieses Landleben, diese Familienidylle, der rauchige Duft des Buchenholzes – herrlich! Einen Vegetarier für einen Wurst-Spot begeistern – das muss doch die Erfüllung des Daseinssinns eines jeden Werbegurus sein. Doch selbst Rügenwalder erlebt derzeit eine „Trendwende“: Innerhalb der nächsten fünf Jahre sollen mindestens 30 Prozent des Umsatzes mit vegetarischen Produkten erzielt werden, stand kürzlich in der „Welt am Sonntag“. Der Wurstmarkt, so hieß es in einem Interview mit dem Rügenwalder-Chef, schrumpfe nicht zuletzt auch wegen des schlechten Images der gestopften Pelle: „Es gibt einige in der Branche, die sagen, die Wurst wird die Zigarette der Zukunft.“ Vielleicht gibt es ihn also doch: den nachhaltigen Trend.

Bulle als Befreiungskämpfer

Und noch eine Schlagzeile hat mich in den letzten Wochen bewegt: In Nordrhein-Westfalen hat ein geschundener, zu ständiger sexueller Reproduktion gezwungener Bulle seinen Bauern getötet. Ein Befreiungsschlag? Aber sicher, befand die Vorsitzende des Vereins „Animal Peace“ und verbreitete die pietätlose Kunde im Internet: „Wir verneigen uns vor dem Held der Freiheit. Mögen ihm viele weitere Rinder in den Aufstand der Geknechteten folgen“.
    Zum Glück sind Paarhufer – was derartige „Killer-Trendbewegungen“ angeht – ja nicht so dusselige Herdentiere wie wir Menschen. Tiere kennen, was Trends angeht, nur instinktive Individual-Impulse. Immer. Ich bewundere sie da für ihre Konsequenz. Und deshalb esse ich sie lieber nicht.

Dienstag, 10. Februar 2015

Fleischwurst, der vegetarische Klassiker.

Vegetarische Mißverständnisse in der "Fit for Fun".

Freitag, 5. Dezember 2014

 Lachen ist vegetarisch

Auf Fleisch zu verzichten bedeutet nicht, auch auf jeglichen Genuss zu verzichten – oder auf Lebensfreude überhaupt! Über Askese-Vegetarier kann ich deshalb nur lachen. Denn das ist schließlich gesund.

Einweihungspartys sind klasse. Neulich habe ich höchstpersönlich meine erste eigene veranstaltet. Sie kennen das: Man trinkt, man tanzt, man redet blödes Zeug. Und irgendwann wacht man am nächsten Tag zwischen Konfetti und leeren Rotweinflaschen auf und fragt sich – wie sind wir denn auf dieses Thema gekommen? Aus dem Nebel steigt ein kruder Dialog hervor: „Du bist Vegetarier?“– es ging wohl ums irgendwie versehentlich vegetarisch geratene Büffet – „aber du schreibst doch immer diese Texte gegen uns!?“ Uff.
    Schuld war a) der Alkohol? b) der Alkohol? oder c) mein literarisches Unvermögen? Nein, nein, Fehler machen natürlich nur die anderen, und so beschließe ich selbstbewusst, das besagter Partygast keine Ironie versteht.

„Keuschheit –ein Selbstversuch!“

Überhaupt finde ich, dass wir Pflanzenesser uns oft ein wenig zu ernst nehmen. Auf Facebook war ich bis neulich versuchshalber einer lokalen Vegan-Gruppe beigetreten. „Neulich“, das war der Zeitpunkt, an dem ich zu einem gemeinsamen Keksebacken mit ausdrücklich alkoholfreiem Glühwein geladen wurde. Wer kein Fleisch isst, ist also wieder Kindergartenkind?, stutze ich und recherchiere. Die „Vegan Rebels“, die hier zum Kinder-Krippenfest aufrufen, betreiben – wie soll es auch anders sein – einen veganen Blog. Hier schreiben trockengelegte Yoga-Lehrer über Fleischlos-Themen – im doppeldeutigen Sinne. Mein Lieblingsartikel: „Keuschheit – ein Selbstversuch“– ein wahr gewordener Veganer-Witz! Übrigens: Meine rebellische Anmerkung, Alkohol könne genauso gut vegan konsumiert werden – abgeschmettert! „Christina, vegane Rebellen trinken keinen Alkohol“. Klick: „Gruppe verlassen“! Ökospießer.

Ein gefundenes Fressen

Schwierig finde ich auch, wenn man dieses „sich zu ernst nehmen“ noch auf andere überträgt. Besonders wenn diese Anderen sich nicht wehren können. Sie ahnen worauf ich hinaus will? Man kann inzwischen selbst Hunde vegan ernähren! Und das nicht nur mit rebellisch gebackenen Keksen: Die Futtermittelindustrie hat längst ein Geschäft daraus gemacht – erfolgreich. Wieder ein gefundenes Fressen (Achtung Wortwitz!) für alle Veganer-Kritiker. Denn dieses Beispiel beweist, was man uns Fleischverweigerern gern unterstellt: Wir müssen unsere Ethik stets anderen Lebewesen aufdrängen.
Oder? Im Internet habe ich ein Zitat gefunden: „Früher bekamen ‚unsere‘ Hunde üblicherweise die Reste unserer Mahlzeiten, die nur selten Fleisch enthielten. Fleisch in diesen Mengen wie heute war früher unvorstellbar. Somit wurden Haustiere früher auch vorwiegend fleischlos ernährt.“ Stimmt. Aber eben auch nur vorwiegend. Ein gesundes Maß wäre hier – wie so oft im Leben – angebracht.

 

 Sex, Drugs & Tofuwurst!

Aber so ist es nun mal mit Trends: Ihre Interpretation ist exzesshaft. Und obwohl man bei ernsthaften Themen wie „Massentierhaltung“ natürlich nicht lachen darf – einige Auswüchse des derzeitigen „Vegantrends“ sind schlicht zum Hinten-überfallen. Gerade für Langzeit-Fleischlose wie mich.
    Denn: Kinder! Wer kein Fleisch isst, muss deshalb doch nicht auf sämtlichen Spaß verzichten! Das ist bestimmt nicht gesund. Weshalb mein Credo lautet: „Sex, Drugs & Tofuwurst – für alle!“ Denn lang lebt, wer am längsten lacht. Erst recht über sich selbst.

Freitag, 17. Oktober 2014

Vegan-Terroristen

Manchmal überlege ich in Anbetracht einiger „Vegetarier-Wahrheiten“ radikal zu werden, lasse es aber lieber und schreibe stattdessen Geschichten darüber.

Das schönste am Vegetarier-Sein ist, dass man nichts über sich weiß. Ja, wirklich: Die spannendsten Dinge über mich, erfahre ich aus der Zeitung. Besonders jetzt, wo man in den Großstädten das „Veggie-Sein“ als neue, brandheiße Entdeckung feiert. Dort wo plötzlich junge Menschen in sehr engen Hosen und mit sehr großen Brillen „voll veggie“ leben, „weil das mit den Tieren irgendwie so mal krass nicht okay ist“. Veggie for life! Oder eben die nächsten 3 Monate.

Radikal vegan

„Vegan: Radikale Einstellung wird zum Mega-Trend,“ las ich neulich in einer Art Alt-Herren-Weinmagazin. Eine Überschrift wie ein Dampfhammer. „Veganer? Das sind doch diese vermummten Brandstifter! Steinewerfer! Krawallmacher!“, krächzt ein grantiger Greis in meinem Ohr, mit seinem Krückstock furios durch die Luft fuchtelnd. „Mit fundamentalreligiöser Entschlossenheit“, so der Artikel, würden Veganer sämtliche Tierprodukte ablehnen. Fundamentalreligiös? So, wie diese muslimischen Glaubenskrieger, die postmortem für zehn abgeschlagene Schädel mit doppelt so vielen nackten Jungfrauen belohnt werden? Natürlich. Wen wundert es da eigentlich, das der Titel des Magazins, das diesen Text im Internet veröffentlichte, „Falstaff“ lautet? Falstaff, Shakespeares wohlbeleibter, trink- und raufsüchtiger Soldat, zur Selbstüberschätzung neigend, ein dicker Angeber und Genießer. „Fundamentalreligiös“ – so einen Quatsch kann man auch wirklich nur besoffen schreiben.

Vampir-Veganer

Und so schrieb der Autor weiter: „Sie essen nichts vom Tier und tragen auch keine Gürtel und Schuhe aus Leder.“ OH. MEIN. GOTT. Keine Schuhe! Kein Gürtel! Kein Leder! Krankhaft. Der daraufhin vergebene Titel „sauertöpfische Genuss-Taliban“, scheint deshalb nur gerecht. NUR Fleischgenuss ist Lebenslust! Hmm. Wer ist hier eigentlich die Genuss-Taliban?
„Umstritten ist auch, ob Veganer nicht tief in ihrem Inneren trotz ihrer tierfreundlichen Weltanschauung eine tiefe Lust nach Fleisch verspüren“. Lieber Autor Trunkenbold, der sie ihre Geschichten auf dem Boden eines ausgetrunkenen Weinfasses finden: Natürlich tun sie das. Denn Veganer sind eigentlich nur verirrte Vampire. Und alle schlecht gelaunten Frauen haben zu wenig Geschlechtsverkehr.

Davidine und Goliath

Doch nicht nur aus Zeitungen kann man lernen, auch aus dem Leben. Während eines Radtraining-Wochenendes in Österreich belehrte mich ein Halbprofi-Radl-Gnom über meine Essgewohnheiten. Stellen Sie sich das Männlein so vor: 1,65 cm Körpergröße, knapp 50 kg und Arme, wie Beine als Pommespieker. Ein kränkliches Kind mit Bart im Alter von 35 Jahren. „Du weißt schon das Dir wichtige Nährstoffe fehlen“, konstatierte er nach oben blickend, so laut und selbstbewusst wie kleine Menschen sprechen, die endlich mal gehört werden wollen. Die Gruppe schwieg und schmunzelte. Da standen wir: Davidine neben Goliath. Hätte ich mich in diesem Moment seitlich auf ihn fallen lassen, es hätte wohl keine fünf Minuten gedauert... Aber: Ich wollte mich nicht aufführen wie einer dieser Taliban-Veganer. Ich gab mich einfach damit zufrieden ihn und seine Nährstoffe am Abend nach einer halben Flasche Wein auf den Boden des Weinfasses getrunken zu haben. Dorthin wo so schöne Vegetarier-Wahrheiten gedichtet werden.