Dienstag, 17. Februar 2015

Lügenwurstpresse!

Die Medien sprechen von "Trend", als wäre Vegetarisch-Leben ein neues Strumpfhosenmuster. Was für ein Murks, finde ich.

Trend ist ein schmutziges Wort. Warum? Ein Trend ist schnelllebig, launisch, oberflächlich und arrogant. Er grenzt alle aus, die nicht auf seiner Welle surfen. Der Trend ist die Paris Hilton der Soziologie.
Deshalb mag ich auch keine Menschen, die ein und die selben Dinge jetzt „megakrass“ und später „superuncool“ finden. Heute „Achtsamkeit“, morgen „Exzess“, eklig sowas. Wobei, wenn man ehrlich ist – ganz kann man sich da selbst wohl nie von ausnehmen. Aber man muss es ja nicht gleich so übertreiben.

Systemsülzmedien

„Immer mehr Menschen verzichten auf Fleisch und essen vegetarisch oder gar vegan. Der Trend hat auch die Grüne Woche in Berlin erreicht“, so stand es doch tatsächlich neulich in unserer Regionalzeitung, um nur eine der vielen Berichterstattungen zum Thema zu nennen. Jaja, die bösen Medien. Und wer muss es dann wieder ausbaden? Ich arme Veggie-Wurst. Ständig werde ich nun gefragt: „Du machst also auch mit ... bei diesem Trend?“ Grrrrr.
Haben Sie schon mal einen Gothik-Anhänger gebeten, heute einfach mal pink zu tragen? Einen Hells Angel, ob er statt in die Kneipe mit ins Ballett wolle? Oder einen Punk, ob er morgen mal wieder Lust habe ins Büro zu gehen? Sehen Sie!
Ich habe „das Gegenteil von Trend“ gegoogelt. Weitgehend ergebnislos. Am ehesten lässt es sich wohl mit „Nachhaltigkeit“ oder „Zeitlosigkeit“ beschreiben. Demnach wurde ich nachhaltig vegetarisch geboren. Als Lebenseinstellung, nicht als Trend. Als ich ein Kind war, gab es im Supermarkt keine Veggie-Nuggets, keine Seitan-Schnitzel, keine Extra-Tofuwurst. Und niemand hat mich verdächtigt ein Trend-Veggie zu sein. So ist das im Leben: Alles hat Vor-und Nachteile.

Fleisch, die Droge der Zukunft?

Kennen Sie die Rügenwalder Mühle? Dazugehöriger Spot und Jingle haben mir Zeit meines Lebens Wohlbehagen bereitet: „Feierabend, wie das duftet! Kräftig, deftig, würzig, gut!“ Dieses Landleben, diese Familienidylle, der rauchige Duft des Buchenholzes – herrlich! Einen Vegetarier für einen Wurst-Spot begeistern – das muss doch die Erfüllung des Daseinssinns eines jeden Werbegurus sein. Doch selbst Rügenwalder erlebt derzeit eine „Trendwende“: Innerhalb der nächsten fünf Jahre sollen mindestens 30 Prozent des Umsatzes mit vegetarischen Produkten erzielt werden, stand kürzlich in der „Welt am Sonntag“. Der Wurstmarkt, so hieß es in einem Interview mit dem Rügenwalder-Chef, schrumpfe nicht zuletzt auch wegen des schlechten Images der gestopften Pelle: „Es gibt einige in der Branche, die sagen, die Wurst wird die Zigarette der Zukunft.“ Vielleicht gibt es ihn also doch: den nachhaltigen Trend.

Bulle als Befreiungskämpfer

Und noch eine Schlagzeile hat mich in den letzten Wochen bewegt: In Nordrhein-Westfalen hat ein geschundener, zu ständiger sexueller Reproduktion gezwungener Bulle seinen Bauern getötet. Ein Befreiungsschlag? Aber sicher, befand die Vorsitzende des Vereins „Animal Peace“ und verbreitete die pietätlose Kunde im Internet: „Wir verneigen uns vor dem Held der Freiheit. Mögen ihm viele weitere Rinder in den Aufstand der Geknechteten folgen“.
    Zum Glück sind Paarhufer – was derartige „Killer-Trendbewegungen“ angeht – ja nicht so dusselige Herdentiere wie wir Menschen. Tiere kennen, was Trends angeht, nur instinktive Individual-Impulse. Immer. Ich bewundere sie da für ihre Konsequenz. Und deshalb esse ich sie lieber nicht.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen