Alpträume, Alpschäume
Vegetarier haben es nicht leicht, Chefköche auch nicht. Die einen mäkeln ständig an der Speisekarte herum, die anderen geben sich größte Mühe dem gerecht zu werden. Dabei wäre doch alles so einfach: Serviert noch viel mehr von dem Guten! Und vor allem: Keinen Gurkenschaum.
Gurkenschaum, immer wieder Gurkenschaum. Ich meine, die Rechnung ist doch ganz einfach: Wenn eine ganze Gurke lediglich über einen Energiewert von circa 20 kcal verfügt – wie hoch kann dann schon der eines kleinen Gläschens des bloßen grünen Gemüseschaums sein? Richtig: Er geht gegen null. Denn ich betone hier bewusst den ENERGIEwert, nämlich die Kraft, die uns durch die Nahrungsaufnahme zurückgeführt werden soll. Möglicherweise denken Sie jetzt nämlich nur noch an das „Fettmach-Monster“ Kalorie. Vielleicht gehören Sie gar zu denjenigen, die ständig versuchen es durch akribisches Zählen zu bezwingen. Doch vergessen Sie nicht: Essen soll nicht nur Genuss liefern, sondern eben auch Lebenskraft. Und davon liefert besagtes Stangengewächs leider kaum etwas. Haben Sie zum Beispiel schon mal versucht mit nichts als einer aufgepusteten Gurke im Magen einen Marathon zu laufen? Nur einen langen Spaziergang zu wagen? Meinetwegen schlicht einen klaren Kopf zu behalten? Sehen Sie: Fehlanzeige. Viel mehr als Schaum wäre da auch nicht mehr in Hirn und Wade.
Vegetarier haben Hunger!
Nun, Sie werden sich jetzt fragen, wie ich dazu komme ausgerechnet über die Energiebilanz von mit Luft versetzten Gemüseessenzen zu sinnieren. Verständlich. Dazu gibt es ein seltsames Antworten-Triptychon: a) Ich bin Vegetarierin. b) Ich bin eine vielleicht nicht ganz so erfolgreiche, aber dafür doppelt so ambitionierte Triathletin. Und c) Ich habe einen Faible für die gehobene Küche. Eine bösartige Kombination? Ja, ja, ja… Sie haben ja Recht. Denn eines haben Exemplare meiner seltenen Spezies immer: Hunger. Aber daran sind wir nicht allein Schuld. Denn landläufig gilt in diesem aber auch in anderen Ländern die betonharte Meinung: Wer keinen Appetit auf Fleisch hat, der hat auf gar nichts Appetit. Wie sonst sollte ich mir die immer wieder gestellte Frage erklären: „Du isst weder Meer- noch Landbewohner? WAS ISST DU DENN DANN?“. Gurkenschaum! Was sonst?
Leerer Brotkob, leerer Magen
Genau diesen bekam ich nämlich schon bei meinem allerersten Gourmet-Restaurantbesuch vorgesetzt. Und dann mal als Vorsuppe, mal zum Hauptgang, mal dazwischen. Immer wieder. Aber auch von „Drei Rote Beete Ravioli an Ingwer- Chilli-Espuma“ und ähnlich Minimalem wird nicht einmal ein ach so freudloser Vegetarier satt. Und so schauen wir hungrig zu unseren Tischherrn und Damen hinüber, beobachten mit knurrenden Mägen wie sie dick geschnitten Kobe-Beef-Stücke verschlingen. Rettungssuchend tastet sich so also der nächste fleischleere Blick zum Brotkorb hinüber – der von ungeduldigen Nicht- Vegetariern, den Karnisten quasi, bereits vor Beginn des Menüs restlos geleert wurde. Na dann: Prost Gurkenschaum!
Von Gutem kriegt man nie genug
Liebe Chefköche, dies ist kein Angriff auf euer Können! Denn wir Vegetarier sind eindeutig das, was das norddeutsche Wort „krüsch“ am besten beschreibt: penibel wählerisch. Was ihr dennoch - in den allermeisten Fällen - aus den vegetablen Schätzen der Natur spontan auf unsere Teller zaubert, ist hingegen wunderbar. Und genau deshalb wollen wir ja auch nur eines davon: Mehr!
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Gurkenschaum aus dem "Le Moissonnier", Köln. |
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